Eigentlich wollten wir schon den Tag zuvor losfahren, aber am Abend zuvor blieb der Bus liegen – mitten in einer unbewohnten Gegend und im Stockfinstern. Zum Glück funktionierte mein Handy, und da es in Nagaland keinen ADAC gibt, rufen wir unsere Familie an, die dann nach einer Ewigkeit zur Hilfe kommt. Naja, es war nur eine Stunde, aber die fühlte sich wie eine Ewigkeit an in der Kälte und Einsamkeit der Nacht. Während wir dann so warten, nähert sich ein Wagen und bleibt schräg hinter uns auf der anderen Strassenseite stehen. Wir bemerken, dass es ein Polizeiauto ist und beschliessen, uns ruhig zu verhalten. Nagaland ist zwar inzwischen offen für Ausländer, aber die Polizei nimmt gerne Schmiergelder, stellt unangenehme Fragen und findet immer irgendwie eine Kleinigkeit am Auto, die nicht in Ordnung ist, und wir wissen ja noch nicht, warum der Wagen stehengeblieben ist. Die Polizei, dein Freund und Helfer – nicht in Nagaland. Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Beamten neugierig werden und auf uns zukommen, da wir ja noch dazu mitten in der Strasse stehen. Einer der beiden Polizisten steigt aus, verschwindet aber in den Büschen. Nach einer Weile fängt der andere im Wagen wartende Polizist an zu hupen. Die Situation ist zu komisch und wir biegen uns vor Lachen. Offensichtlich musste der eine dringend für Königstiger, und der andere wurde ungeduldig, weil ihm das zu lange dauerte. Sehr vorbildlich, die Ordnungshüter, muss ich sagen, nachdem die Regierung versucht, die Bevölkerung zum Benutzen von Toiletten zu bewegen. In Bangalore habe ich sogar mal einen Polizisten beobachtet, der auf einer belebten Strasse in einer besseren Gegend am Strassenrand urinierte. Soviel zum Thema Hygienemassnahmen.
Unser Reisfeld wird von einer 13köpfigen Familie betreut, die in zwei Bambushäuschen am Rande des Reisfeldes leben. Noch genauso wie vor 150 Jahren. So einfach und ursprünglich, aber mit so viel Fröhlichkeit und Ruhe, dass ich fast neidisch werde. Nachts wird es so still, dass man nur das Knarzen der Bambusstauden und das Rascheln der Blätter hört, und ab und zu die dicken Tropfen angesammelter Luftfeuchtigkeit, die von den Bananenstauden mit einem Platschen auf dem Boden landen. Meine Ohren sind so viel Stille gar nicht gewöhnt und protestieren mit einem andauernden Pfeifton. Ich lege mich auf die Matte und schaue in einen atemberaubend schönen Sternenhimmel.