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Thursday, 13 October 2011

Stadterkundschaftung

Ich stehe am staubigen Straßenrand an der Hormavu Agara Main Road und warte auf den 249C Bus in Richtung Stadtmitte/Shivaji Nagar. Als der nach 20 Minuten endlich kommt, habe ich bereits eine dicke Staubschicht auf der Haut und Sand in den Augen. Aber ich wollte ja ein bisserl Abendteuer. Der Ticket-Meister wirft der Dame vor mir einen vernichtenden Blick zu, als die ihm einen Hundert-Rupee-Schein entgegenstreckt. Bin ich froh dass ich Kleingeld dabei hatte...                                              
Natürlich verpenne ich meine Ausstiegstelle und laufe auch noch in die verkehrte Richtung. Nach einer halben Stunde Navigieren durch enge Gassen komme ich dann endlich in die Commercial Street, wo ich meine Einkäufe in Rekordzeit erledige. Als ich dann bei Anand's (einer der wenigen Shops der noch da steht wo er vor 10 Jahren war) stehe, um mir meinen geliebten Mysore Pak (indische Süßigkeit) zu holen, spricht mich ein etwa 10 Jahre alter Junge an. Er beratschlagt mich, was ich nehmen soll, und ist offensichtlich bemüht, zwischen mir und dem Verkäufer zu vermitteln. Ich sage ihm, dass ich schon weiß was ich brauche, nehme meine Tüte und verlasse den Laden. Der Kleine weicht mir nicht von der Seite, und fragt mich wohin ich gehe und was ich brauche, ob er eine Rikshaw für mich organisieren soll etc.
Chabris
Ich frage ihn nach seinem Namen und ob er öfters hier rumhängt und Tourist Guide spielt. Es ist offensichtlich dass er hier arbeitet und Provisionen von den Shopkeepern und Rikshawfahrern kassiert. Er spricht fließend Englisch und macht einen sehr smarten Eindruck. Er erzählt mir er heißt Chabris, sein Papa ist Rikshawfahrer und seine Mutter daheim mit seinen drei Geschwistern. Er kann weder lesen noch schreiben, und seine Mutter schickt ihn wohl schon seit Jahren auf die Straße zum Arbeiten. Von Papas kleinem Einkommen und dem was Chabris so nach Hause bringt, kann die 6köpfige Familie wahrscheinlich gerade so überleben. Da sich gerade in diesem Moment meine Sandale auflöst, frage ich ihn, ob er mich zu einem Schuster in der Nähe bringen kann. Er strahlt mich an, klar, kann er, sagt er und fragt mich, ob ich derweilen seine Sandalen anziehen möchte. Nein, das möchte ich nicht, sage ich und flicke provisorisch meine Sandale wieder zusammen. Chabris bringt mich zu einem Mann, der wohl sein Großvater sein könnte. Mit ein paar gekonnten Handgriffen repariert er in weniger als zwei Minuten meinen Schuh. Was ich ihm schuldig bin, frage ich. Er sagt, was immer ich ihm geben möchte. Ich bin tief gerührt von diesen Begegnungen. 

Noch ganz in Gedanken schlendere ich zum Rikshaw-Stand. Ich beschließe, den Botanischen Garten zu besuchen. Ich liebe Bangalore's Gärten! Mitten in der Stadt, so still und friedlich, ein perfekter Zufluchtsort wenn einem das Gewusel der Stadt zuviel wird. Ich schiebe mir noch schnell eine Laddu in den Mund, weil mein Magen knurrt. Ein paar Kinder kommen auf mich zugerannt, schütteln mir die Hand und laufen kichernd zurück zu ihren Müttern, mit denen ich dann auch gleich ins Gespräch komme. 

Danach erklimme ich den Granithügel am anderen Ende des Gartens, von wo aus man eine fantastische Aussicht auf die Skyline von Bangalore hat und von einem kühlen Lüftchen umweht 
wird. Ein schöner Ausklang für einen erlebnisreichen Tag.










Sunday, 9 October 2011

Wohnungssuche erfolgreich


Mein dritter Tag in Indien und schon habe ich eine Wohnung gefunden: Ein komplettes unteres Stockwerk in einem Haus außerhalb der Stadt und doch zentral mit guter Verkehrsanbindung. Nachbarn nur zu zwei Seiten, zur linken ein kleiner Garten und zur Front nur Natur. Mit großer Dachterrasse zum Grillen und in der Nachbarschaft alle guten Freunde von uns. Einziger Nachteil: Viel Natur ums Haus rum bedeutet viele Schlangen und Mücken… Ich habe mich dann für Schlangen und Mücken entschieden, weil es mir wichtig ist, ein Stück Grünland um mich rum zu haben. Und ca. eine Stunde lang Stromausfall am Tag. Aber das gibt’s ja fast überall in der Stadt. Über uns wohnen Bekannte von unseren Freunden, er ebenfalls aus Nord-Ost Indien und sie aus Korea. Da passen wir also gut mit dazu. Wir werden das Haus auf jeden Fall mal für ein Jahr mieten.

Wednesday, 5 October 2011

Angekommen!

Sonnenschein bei 31°C, den Geruch von Chicken Masala in der Nase untermalt mit dem typisch indischen Geräuschteppich aus quäkenden Rikshaw-Hupen, Fahrradklingeln und vorbeifahrenden Autos. Ich habe bei lieben Freunden Unterschlupf gefunden, ein eigenes Zimmer mit Bad, und werde liebevoll umsorgt.

Emirates hat sich wiedermal als Top-Airline erwiesen. Superbequeme Sitze, toller Service und das Allerbeste: Ich durfte die beiden Gitarren und die Monster-Tasche befüllt mit Laptop, Kamera, Festplatte uns sonstigen Zeugs, als Handgepäck mitnehmen. Das gibt’s normalerweise gar nicht.

Bei der Passkontrolle stehe ich im relativ neuen Flughafengebäude und lausche dem Gezwitscher hunderter Spatzen, die wohl irgendwo unterm Flughafendach eine Heimat gefunden haben. Hier riecht es nicht nach Dettol, wie in Mumbai oder Kolkata, sondern irgendwie angenehm würzig-aromatisch. Und dann öffnet sich die große Glastüre und ich stehe im Freien – da ist sie, meine neue Heimat. Nach diesem Anflug verträumter Nostalgie stürze ich mich ins bunte, lärmende Chaos.

Am Nachmittag mache ich erste Besorgungen: Bata-Latschen und eine SIM Karte fürs Handy. Für diese Prepaid-Karte muss ich so viele Formulare ausfüllen - mit Passkopie und Foto – als ob es um einen Kreditvertrag ginge. Und bei uns geht man einfach zum Aldi und kauft die zusammen mit Äpfeln, Eiern und Milch… :D

Blick aus meinem Zimmer
Bangalore hat sich total verändert. Die Gegenden, wo ich am Stadtrand mal über unbebautes Grasland gewandert bin, sind mittlerweile zu einem lebendigen Stadtteil geworden, wo es vor lauter Leuten, Hunden, Autos und Kühen und allen möglichen Geschäften nur so wuselt Die meisten Orte, wo ich früher schon war, habe ich gar nicht mehr erkannt. Welcome to Boomtown Bangalore!